[Article in English @ Vagabundler – Osaka Junglists – Drum & Bass Japan]
Dieses Jahr waren wir wohl unter den Ersten auf dem Planeten, die auf das neue Jahr anstoßen konnten. New Years Eve in Japan, im Land der aufgehenden Sonne! Gefeiert wurde an Silvester in Osaka und zwar hier: 大阪府大阪市住之江区北加賀屋名村造船跡地. Heißt soviel wie Namura Zosenjo Atochi und ist eine ausrangierte und umgestaltete Schiffswerft und gleichzeitig das Osaka Creative Center, sehr coole Location und perfekt für Partys. Dass DJ-Acts wie Soichi Terade, Peter van Hoesen und eine ganzen Truppe von uns unbekannten Künstlern dort auflegen sollten und dass es schön elektronisch wird, wussten wir. Wir wussten aber nicht, dass auf dem zweiten Floor großartiger Drum & Bass gespielt wurde!
Die DJs MOUNTAIN und EXIT gaben im Rahmen der Eventreihe UNSALTED ein astreines Set zum Besten. Klassiker wurden gemixt mit eigenen neuen Beats, alles sehr experimentierfreudig, Gute-Laune-Musik, progressiv und schön tanzbar. Munetoshi Maruyama, Gründer der UNSALTED Partys und fester Akteur in der Szene, erzählt uns von einem Wiederaufbau des Nachtlebens in Osaka und seiner eigenen Drum & Bass Reihe:
Die Clubkultur in Osaka erfährt gerade eine Renaissance, denn mit dem Tanzen war es eine ganze Weile nicht so einfach. Besser gesagt, es wurde per Gesetz verboten. Für uns klang das erstmal absurd, doch es wurde in den Jahren ab 2010 seitens der Regierung hart durchgegriffen und eine Null-Toleranz Schiene gefahren. In Japan gibt es das sogenannte „Fueiho-Gesetz“, das 1948 kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt wurde, um die grassierende Kriminalität und Prostitution effizient zu bekämpfen. Damals mochte es noch Sinn gemacht haben, alle Bereich der Unterhaltungsindustrie, vom Rotlicht über Glücksspiel bis zu Clubs und Bars zu regulieren.
Das Gesetzt besagt, dass Lokalitäten, die Tanz anbieten wollen, eine Bewilligung von den lokalen Behörden brauchen. Außerdem müssen alle Clubs bis spätestens Mitternacht schließen. Hinzu kommt eine ganze Reihe an Vorgaben und Restriktionen, die kein moderner Club mehr einhalten kann. So muss man beispielsweise für eine Tanz-Bewilligung eine freie Fläche anbieten, die mindestens 66 Quadratmeter groß ist. Die Zeiten haben sich jedoch geändert und so kam es, dass die meisten Clubs in Japan die Tanz-Bewilligung erst gar nicht einholten, um nicht den Fueiho-Restriktionen zu unterliegen und die Öffnungszeiten weit in die Morgenstunden verlängern zu können. Kaum jemand störte sich daran. Eigentlich wurde über die Jahrzehnte „Vergehen“ gegen dieses Gesetz nicht nachgegangen, man hatte die Läden geduldet und es war in unausgesprochener Einigung beiderseits so in Ordnung. Die Polizei drückte ein Auge zu und die Club-Besitzer konnten darauf zählen, dass sie deswegen nicht in Schwierigkeiten geraten würden.
Ab dem Jahr 2010 begann nun die konservative Führung mit einem strengeren Vorgehen, die Gründe hierfür sind immer noch umstritten, aber unzählige Razzien fanden in Osaka, Nagoya und Tokio statt und eine Vielzahl an Lokalitäten mussten temporär oder für immer schließen, weil sie gegen das Tanzverbot verstoßen hatten. Besitzer mussten den Gesetzesbruch verantworten, ihren Gästen das Tanzen erlaubt zu haben. Hört sich schräg an. Der prominenteste Fall war die Verhaftung von Masatoshi Kanemitsu, dem Besitzer des Osakaer Clubs Noon, der einen guten Ruf genoss und all die Jahre nie in Probleme geriet. Am 4. April 2012 wurde er nach einer Razzia verhaftet. Kanemitsu war 22 Tage in Untersuchungshaft, bis die Staatsanwaltschaft Klage erhob. Nach zwei Jahren wurde nun ein Urteil gefällt und Masatoshi Kanemitsu freigesprochen.
Zunehmend wurde aber aus den Reihen der Organisatoren, aber auch aus der Szene heraus gegen das Gesetz Protest erhoben. Es wurde die „Let´s Dance“ Kampagne gestartet und der Dokumentarfilm „Save the Club Noon“ hat die Problematik einem größeren Publikum bekannt gemacht. Auch im japanischen Parlament sucht eine überparteiliche Gruppierung eine Lösung, um das Gesetz zu revidieren. Mittlerweile ist es wieder besser geworden und auf einem normalen Level. Gar kein Nachtleben war wohl auch nicht gut und zeigte sich sicherlich an Einnahmeverlusten in diversen Bereichen. Also doch wieder etwas liberaler. Die Gesetze haben sich gelockert und es wurden gewisse Klauseln eingebaut, die besagen, soweit ein Club eine bestimmte Beleuchtung aufweisen kann, dann fällt er nicht unter das „Fueiho-Gesetz“ und kann den Betrieb auf gewünschte Weise führen. Auf das richtige Licht kommt es also an. Hier ein kleiner News-Clip zur Let´s Dance Bewegung im Jahr 2013, im Video wird auch ein Trailer mit englischen Untertiteln von „Save the Club Noon“ gezeigt.
Einer der aktuell angesagtesten Läden in Osaka ist der Club Circus im alternativen Viertel America-Mura. Wir waren vor unserer Abreise dort, es fand nämlich an unserem letzten Tag in Japan eine UNSALTED Drum & Bass Party statt, die konnten wir uns ja nicht entgehen lassen. Der Clubbesitzer Toyokazu Yoshioka aka TOYO, der auch am Abend zwei wunderschön melodische Sets auflegte, erzählte uns im Interview von der Entstehung des Ladens und der Wiederbelebung der Clubkultur in Osaka. TOYO kennt noch die Zeit vor dem Anti-Tanz-Komplott, hat die harte Phase miterlebt und trägt mit der Location Circus wesentlich zur Entwicklung der Szene mit bei.
An dem Abend konnten wir noch zwei weitere DJs interviewen. MOUNTAIN, EXIT und TOYO legten im Wechsel auf und Shigeta Kamiyama aka MOUNTAIN nahm sich etwas Zeit zwischen seinen Gigs, um uns von seiner Musik zu berichten. Gerade am Vortag hatte er und Ryota Yamamoto alias EXIT eine DJ Session im Rockstar Hotel mit Livestream Übertragung, er ist mittlerweile Teil des Hospital Record Netzwerks und seine Debut Single „Overheat“ ist kürzlich bei Soulvent Records erschienen und wurde sogleich von BBC angenommen und dort gespielt.
Kyle Jeffrey aka SMALL FACE kommt ursprünglich aus Phoenix, Arizona und ist vor einigen Jahren nach Japan ausgewandert. Mittlerweile legt er bei Events, in Bars und Lounges unterschiedliche Musikstile auf. Seine Verbundenheit liegt jedoch bei der elektronischen Musik und dem Drum & Bass. Seine neue Platte wird demnächst bei dem frisch gegründeten Label LsMe Sound erscheinen.
Ein weiterer junger und erfinderischer Künstler ist Ryo Odagawa alias FETUS, der von Munetoshi Maruyama supportet wird und als Trackmaker Neuzugang beim UNSALTED Residents Team ist. Er ist erst 17, liefert aber ein hohes und kreatives Niveau an musikalischer Qualität. FETUS ist Mitglied bei dem russischen Label und Künstlernetzwerk Kos.Mos.Music, bei dem auch einige seiner Tracks veröffentlicht wurden. Hier sind ein paar Sets von seinem Soundcloud Kanal zum Reinschnuppern.
INFOTHEK
UNSALTED
大阪のドラムンベース好きのmaruが「UNSALTED」というタイトルで始めたドラムンベースパーティー
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CLUB CIRCUS
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Telefon: +81 6-6241-3822
Webseite: http://circus-osaka.com/
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MOUNTAIN
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